6 Mai 2023

Die deutsche Verbraucherlandschaft wird immer digitaler

Unser Zahlungsverhalten ändert sich

Daten über das Zahlungsverhalten in Deutschland zeigen, dass die Verbraucher immer digitaler unterwegs sind. Dadurch sind potenziell die Händler im Vorteil, die sich erfolgreich auf die daraus resultierenden Zahlungstrends einstellen können.

Die deutsche Zahlungslandschaft wurde in der Vergangenheit oft als konservativ und bargeldorientiert bezeichnet. Sie galt als Umfeld, in dem man dem physischen Zahlungsmittel das größte Vertrauen schenkt – „physical-first“ sozusagen. Doch hat Deutschland in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht – und kann zunehmend mit den digital am weitesten entwickelten Volkswirtschaften in Europa konkurrieren.

Die Pandemie hat die Veränderungen im Verhalten der Verbraucher und im Angebot der Händler beschleunigt und hat Deutschland zu dem Land mit der am schnellsten wachsenden E-Commerce-Branche Europas gemacht. Auch der Anteil der kontaktlosen Zahlungen ist der Europäischen Zentralbank zufolge zwischen 2017 und 2022 von 3 Prozent auf 69 Prozent gestiegen. Daraus lässt sich schließen, dass sich die Verbraucher in Deutschland sowohl beim Einkauf im Geschäft als auch im Internet wirklich mit modernen Zahlungsmethoden angefreundet haben.

Der rapide Wandel beweist, dass Zahlungsvorgänge nicht nur an der Ladenkasse eine Rolle spielen. Sie können auch dazu dienen, Daten zu sammeln, um den Umsatz zu optimieren, den Verbrauchern mehr Komfort zu bieten und die Kundenloyalität zu fördern.

Jedoch müssen Händler in der aktuellen wirtschaftlichen Lage, die von langsamerem Wachstum und hoher Inflation geprägt ist, ihre Zahlungssysteme den aktuellen Entwicklungen anpassen.

Skandinavien hat als eine der digital am weitesten entwickelten Regionen Europas eine Vorreiterrolle – nicht zuletzt im Hinblick auf das bargeldlose Bezahlen, das auch in Deutschland eine immer größere Rolle spielen wird, da die Kunden beim Einkaufen mehr Optionen zur Auswahl haben wollen.

Durch diese Entwicklung entsteht für die deutschen Händler ein zunehmend komplexes Umfeld. In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf aktuelle Daten und beleuchten die Zahlungstrends, von denen Händler in nächster Zukunft profitieren können.

Instore: Die Karte hat die Oberhand gewonnen

Der physische Einzelhandel in Deutschland umfasst rund 300 000 Unternehmen. Allerdings ist die Zahl der Instore-Einzelhänder in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und die Pandemie war ein weiterer harter Schlag für die Branche. Entsprechend müssen die Unternehmen darauf Acht geben, wie sie ihre Kunden im Laden vor Ort ansprechen.

Wie in allen anderen Ländern der Welt war auch in Deutschland das Bargeld viele Jahre lang König – doch jetzt scheint sich der Wind zu drehen. Laut einer aktuellen Verbraucherumfrage zum Zahlungsverkehr in Deutschland, die 2022 von Sifo/Kantar im Auftrag von Concardis | Nexi durchgeführt wurde, ist die bevorzugte Zahlungsmethode der deutschen Verbraucher im stationären Handel mit 46 Prozent die Kartenzahlung. Bargeld liegt mit 45 Prozent knapp an zweiter Stelle. Doch damit ist schon jetzt ein Meilenstein erreicht (siehe Abbildung 1).

Bevorzugte Zahlungsart

 

Die Verbraucher ändern ihre Gewohnheiten und reichen keine Münzen und Geldscheine mehr über den Tresen. Stattdessen tappen und swipen sie mit ihren Karten immer häufiger an bzw. über ein Kartenlesegerät. Am Bezahlen mit Karte scheinen sie vor allem zu schätzen, dass es einfach und schnell geht. Viele verzichten inzwischen sogar darauf, überhaupt Bargeld mit sich zu führen (siehe Abbildung 2).

Wichtigsten Gründe zur Nutzung der Kartenzahlung

 

Die Zunahme von Kartenzahlungen ist ein Trend, der in den meisten europäischen Ländern zu beobachten ist. In Skandinavien beispielsweise bevorzugen inzwischen mehr als 80 Prozent der Verbraucher im Geschäft die Kartenzahlung. Nur wenige Prozent zahlen noch bar.

Die bevorzugten Karten in Deutschland sind die Girocard sowie Visa und Mastercard (siehe Abbildung 3). Die Nutzung der Kartenzahlung ist stark vom Geschlecht und Alter abhängig. 39 Prozent der Männer in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen zahlen in Geschäften lieber mit Karte, während es bei jungen Frauen 57 Prozent sind. Mit zunehmendem Alter kehrt sich das Verhältnis um: Bei den Verbrauchern über 65 Jahren bevorzugt etwas mehr als die Hälfte der Männer die Kartenzahlung, bei den Frauen sind es nur 41 Prozent.

Die 5 beliebtesten Karten der Deutschen

 

Wirft man einen Blick auf andere Regionen, wo die Karte das Bargeld als bevorzugtes Zahlungsmittel im Geschäft mühelos abgelöst hat, zeichnet sich ein klarer Trend ab: Kartenzahlungen werden auch in Deutschland weiter an Popularität gewinnen; genauso wie Mobile Payments, obwohl es sich bei ihnen meist noch um kartenbasierte Zahlungen handelt. Damit bieten sich Geschäften verschiedene Möglichkeiten zur Umsatzoptimierung. Doch sollte es für Händler naheliegend sein, in Zukunft alle relevanten Karten- und Mobile-Zahlungen zu unterstützen.

E-Commerce auf dem Vormarsch

Der elektronische Handel in Deutschland floriert. Die Pandemie hat Innovationen angestoßen, die sich in einem bislang ungekannten Tempo vollzogen haben. Händler, die auf E-Commerce als Vertriebskanal gesetzt hatten, wurden dafür reichlich belohnt. Laut dem European E-Commerce Report 2021 von Nexi hat der elektronische Handel in Europa am stärksten in Deutschland zugelegt (mit einem Zuwachs von 18 Prozent), gefolgt von Dänemark (11 Prozent) und Schweden (10 Prozent). Inzwischen hat sich das Wachstum verlangsamt, da mit dem Wegfall der pandemiebedingten Einschränkungen viele Kunden wieder in die Geschäfte vor Ort zurückgekehrt sind. Aber die Verbraucher werden ihre veränderten Gewohnheiten nicht mehr völlig ablegen. Es liegt jetzt also an den Händlern, sich zu bemühen, die entstandene Dynamik zu erhalten.

Laut dem oben zitierten Bericht sind E-Wallets mit Abstand in Deutschland die beliebteste Zahlungsmethode im Online-Handel. 39 Prozent aller Deutschen bevorzugen sie, wenn sie über den Computer oder das Smartphone online einkaufen, da die Methode ebenso einfach wie sicher ist. Die Zahlung auf Rechnung wird von 23 Prozent der Deutschen bevorzugt, Kartenzahlungen liegen aktuell bei lediglich 10 Prozent (siehe Abbildung 4).

Bevorzugte Zahlungsart im E-Commerce

 

Deutschland hat ein extremes Wachstum im Internet-Handel verzeichnet, das vor allem durch die Pandemie, später aber auch durch den starken Wunsch nach einem bequemen und sicheren Shopping-Erlebnis befeuert wurde. Um kommende Trends abschätzen zu können, lohnt sich ein Blick nach Skandinavien. So ist es zum Beispiel wichtig, den Kunden Optionen für eine bequeme und transparente Lieferung sowie verschiedene Methoden zur einfachen und schnellen Bezahlung zu bieten, um ihre Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern noch zu übertreffen.

Nächster Halt: Omnichannel?

Der Unterschied zwischen dem Einkauf im Geschäft und im Internet wird immer kleiner: Verbraucher rechnen damit, künftig offline die gleichen Waren zu bekommen wie online. Sie erwarten das gleiche Angebot, die gleichen Zahlungsmethoden und eine nahtlose Interaktion zwischen dem Webshop und dem physischen Geschäft vor Ort. Click & Collect zum Beispiel ist ein Verfahren, mit dem Kunden die Möglichkeit geboten wird, Online-Bestellungen im Laden vor Ort abzuholen.

Aber die Verbraucher in Deutschland haben sich an diese Optionen noch nicht gewöhnt. Laut unserer Verbraucherumfrage aus dem Jahr 2022 haben 66 Prozent der Verbraucher Click & Collect noch nie genutzt.

Eine weitere Einkaufsmethode ist Scan & Pay. Hier nimmt der Kunde alle Einkaufsschritte im Laden vor Ort selbst in die Hand: Er nimmt die Produkte aus dem Regal, scannt sie mit einer App ein und bezahlt an der SB-Kasse oder mit dem Smartphone. Unsere Umfrage hat aber gezeigt, dass 70 Prozent der deutschen Verbraucher Scan & Pay noch nie genutzt haben.

Bei diesen beiden Beispielen handelt es sich um Dienstleistungen, deren Integration in Omnichannel-Plattformen naheliegend ist, und sie werden in Deutschland in Zukunft wahrscheinlich stärker zum Einsatz kommen als bisher. In den skandinavischen Ländern stehen diese Technologien jedenfalls oft ganz oben auf der Prioritätenliste und auch deutsche Händler sollten sie in Erwägung ziehen. In Norwegen beispielsweise werden diese Möglichkeiten zum bequemen Einkaufen unserer Umfrage zufolge von mehr als 60 Prozent der Kunden genutzt.

Die deutschen Verbraucher kaufen laut unserer Umfrage genauso gerne online wie im Laden ein. Sie schätzen es sehr, dass sie das Produkt im Laden vor Ort sehen und anfassen können, haben sich aber gleichzeitig an das nahtlose Online-Shopping-Erlebnis gewöhnt. Dieses Verhaltensmuster spricht sehr für Omnichannel-Lösungen, mit denen sich das Online- und das Offline-Shopping-Erlebnis verbinden lassen.

Der Omnichannel-Ansatz passt auch gut zur Tokenisierung von Kreditkarten, die bequemere Loyalty-Lösungen ebenso ermöglicht wie das Erheben von wichtigen Verbraucherdaten. So können zum Beispiel Treuepunkte mit der Zahlungskarte des Verbrauchers integriert und Kundentrends und -gewohnheiten analysiert werden.

Unsere Umfrage hat jedoch ergeben, dass für 62 Prozent der Teilnehmer an Loyalty Programmen in Deutschland noch physische Kunden-Karten ausgestellt werden. Unterdessen finden 67 Prozent der Verbraucher es nützlich, wenn ihre Treuepunkte automatisch auf ihrer Zahlungskarte erfasst werden. Diese interessante Diskrepanz zwischen dem Dienstleistungsangebot der Händler und den Erwartungen der Kunden lässt sich mit neuen, modernen Lösungen und potenziell mit einer Omnichannel-Plattform, die die Tokenisierung von Zahlungskarten ermöglicht, überwinden.

Aktuell ist die Gelegenheit für Händler, mit der Tokenisierung von Zahlungskarten zu beginnen, sehr günstig. Damit wären fortschrittlichere digitale Dienstleistungen möglich und den Verbrauchern könnte ein höherer Mehrwert geboten werden. Neben diesen Vorteilen lassen sich durch die Tokenisierung auch Einkaufsgutscheine, Treuepunkte und digitale Belege mit der bevorzugten digitalen Zahlungsmethode des Kunden integrieren.

In Zeiten hoher Inflation müssen sich Händler bewusst sein, dass es auf Details ankommt und schon kleine Anpassungen im Zahlungsprozess einen großen Unterschied machen können.

Drei abschließende Tipps für Händler

Seien Sie auf dauerhafte Veränderungen im Verhalten der Verbraucher vorbereitet

Verbraucher ändern ihr Verhalten und ihre Gewohnheiten in der Regel sehr langsam. Das hat die Erfahrung in den skandinavischen Ländern gezeigt. Aber in Deutschland haben sich diese Veränderungen in den letzten Jahren schneller vollzogen als je zuvor. Doch geschehen diese Veränderungen nicht von heute auf morgen. Händlern bleibt genug Zeit, um auf den Trend aufzuspringen, der die Zahlungslandschaft in Deutschland aktuell tiefgreifend verändert. Für sie ist es von entscheidender Bedeutung, die Zahlungstrends aufmerksam zu beobachten und sich entsprechend auf sie einzustellen.

Setzen Sie auf Komfort, um Ihren Umsatz zu steigern

Auf Komfort kommt es an. Überlegen Sie sich also, welche Zahlungsmethoden für Ihre Kunden am bequemsten sind und wovon Ihr Unternehmen am meisten profitiert. Im Laden vor Ort wird Bargeld in Deutschland noch auf viele Jahre hinaus eine Rolle spielen, aber wer keine Karten annimmt und keine kontaktlosen Zahlungen ermöglicht, dem entgehen höchstwahrscheinlich Umsätze. Überlegen Sie sich, ob Sie Omnichannel-Lösungen wie Click & Collect oder Scan & Pay umsetzen möchten. Wie in Skandinavien versprechen sie auch in Deutschland großes Potenzial. Insgesamt gilt die klare Richtlinie: Je leichter dem Verbraucher das Erlebnis, einschließlich des Bezahlens, gemacht wird, desto mehr Umsatz wird erzielt.

Online- und Offline-Zahlungen zusammenführen

Wenn Händler Ihre Produkte und Dienstleistungen auf mehreren Kanälen anbieten, ist eine Omnichannel-Strategie ein „Must-have“, um Upselling und Cross-Selling zu ermöglichen. Hier sind verschiedene Zahlungsmethoden und die Tokenisierung, die über alle Kanäle hinweg zahlreiche Vorteile bieten, der richtige Weg. Dadurch entstehen Verbrauchern wie Händlern Vorteile, da der Prozess bequemer abläuft und bessere Einkaufsdaten anfallen, die Händlern helfen können, einzelnen Kunden genau die richtigen Produkte anzubieten. Die Möglichkeit, nahtlos zwischen Online- und Offline-Käufen zu wechseln, ist ein unbestreitbares Plus an Komfort, das die Verbraucher schätzen werden. Das erfordert jedoch vollen Einsatz und komplexe, aber notwendige System-Upgrades.

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